16.01.2006

Der Abend trug dieses Mal die Überschrift “Große Erwartungen”, und genau diese trieben uns um, waren wir doch immerhin mit Bild und Text als Tagestipp in der Zitty vertreten.

Ca. zwanzig Gäste, darunter bekannte und neue Gesichter, fanden den Weg in die Meraner Straße 31 zur Freihafenbühne, sieben brachten ihre Texte dem geneigten Publikum zu Gehör.

In “Immer Montags” erzählte Tintenschiffautor Ralf, wie er den Montagabend verbringt, wenn nicht gerade Freihafen ist, nämlich Rätsel ratend im Pub.

Ich durchstreifte die engen Räume des Pubs, sah mir die Gäste an. Alte Kontrahenten und neue Kombattanten. Immer wieder ging die Tür auf. Die Duellanten des Abends sammelten sich. Der Stehtisch am Dartboard war noch frei. Er hatte uns schon einmal Glück gebracht. Rituale braucht das Spiel. Ich hängte meinen Mantel auf, setzte mich auf einen der Barhocker, ging im Geiste noch einmal die Nachrichten des Tages durch.

Der kleine irische Barkeeper kam, reichte mir die Karte mit den endlos vielen Biersorten und Whiskeymarken. Kleine Stärkungen gab es ebenso. Ich entschied mich für Cola und Salat, Koffein und Vitamine.


Als Nächste betrat Regina die Bühne und las “Die Hoffnung”, ein Gedicht über diese “uralte Freundin”, die sie “treibt zu neuen Ufern”. Daran schloss sie mit der Kurzgeschichte “Acht Stunden Urlaub” an, die davon handelt, dass man auch mal im Kopf auf Reisen gehen kann, zum Beispiel während einer langweiligen Fortbildung.

Die folgende Autorin, Cara, war zum ersten Mal auf der Freihafenbühne und brachte eine Geschichte über “Die Krankheit Liebe” mit. Sie erzählt von der verkorksten Seite der Liebe, wie frühe Gewalterfahrungen spätere Beziehungen prägen können.

In der Geschichte “Papiertütentanz” von Maike, einer weiteren Tintenschiffautorin, spielt eine Papiertüte eine wichtige Rolle in der Begegnung einer jungen und einer alten Frau.

Auch nach der Pause setzte sich die Reihe der Vortragenden mit einem Tintenschiffautor fort. Marcel las “Der Kanzler geht sich”, eine Geschichte, die durch die Berliner Nacht den Bogen spannt von Peter Sellers' Hollywood zum Misstrauensspektaktel Schröders'.

Als Dana Robert einmal kurz verlässt, erinnerte er sich an das

Nietzschezitat neulich: "So wenig wie Tiere ihren Panzer, können Menschen das rhetorische Gehäuse der Sprache abwerfen. Der Mensch steht unter der unbewußten Herrschaft grammatischer Funktionen".

Als sie erleichtert zurück ist, brechen sie auf. Mit den Rädern geht¹s vom nördlichen Prenzl- ins südliche Kreuzberg. Hat was! Fahrradfahren! Nicht transportiert werden. In Geschwindigkeit eingebunden sein. Treten, lenken, rollen. Fahrtwind, Gerüche, bei Rot über Kreuzungen weil nichts kommt.

Nicht denken, handeln in begrenzter Zeit. Schwitzen, das Salz schmecken.


Lena, zum ersten Mal beim Freihafen, erzählte in “Zum Meer” von der Reise eines alten, einsamen Mannes, nicht nur ans Meer sondern auch in seine Vergangenheit.

Mit “Tagträume eines Hauswarts oder: Wie sagt man Ich liebe dich zu einer Fremden” präsentierte Anna einen Auszug aus einer längeren Erzählung, in der ein Hauswart heimlich für eine Mieterin schwärmt, immer in der Erwartung, sie möge ihn endlich bemerken.

... Und später dann, als er beim alten Heiner in der Lehre war, hatta niemlas jemand Schriftzeichen verlangt. Das bißchen Post später hat immer Hilltrud erledigt. Hilltrud war viel patenter als er. Bevor sie anfing zu saufen. Die trank ihren Mann, Herrmann, locker unter den Tisch. Es war ihm nicht mehr wichtig. Er träumte davon, wie sie irgendwann einfach fortgeschwemmt würde auf einem Strom von Aldibier. ....


Den Abschluss bildete wieder Ralf. “Das Glück wartet schon” ist eine Kurzgeschichte über eine Frau, die zum ersten Mal in ihrem Leben Lotto spielt. Aus der Vorfreude über den erwarteten Gewinn wird eine Party im Zeitungsladen.

„Wenn ich mir die Million gut einteile, dann bräuchte ich wirklich nicht mehr zu arbeiten“, stellte die Dame fest, die versuchte den Fall des Papiers zu bremsen. Was ihr allerdings nicht gelang.

„Gibt es denn hier keine Musik?“ Melanie drehte sich um, machte das Radio an, suchte nach einem passenden Sender. Als sie ihn gefunden hatte, wurde auch der Lautstärkeregler von ihr bedient.

„He Chef, noch Bier im Kühlschrank?“

„Ich geh schon“, sagte Melanie und brachte zwei Flaschen Bier und eine weitere Sektflasche nach vorn.


So neigte sich der Abend dem Ende zu, manche blieben noch zu angeregten Gesprächen und viele versprachen, das nächste Mal wieder dabei zu sein. Am 20.02., um 20 Uhr, wenn es heißt:

“Alles wird...”

Wir freuen uns auf eure Geschichten!