Tagebuch Freihafen vom 19. Dezember 2005

Der letzte Freihafen in diesem Jahr: Publikum und Lesewillige strömten nur so herbei, um sich bei Texten zum Thema "Ein Fest der Liebe" zu entspannen und zu vergnügen: Eine bunte Mischung von Geschichten zwischen (verlorener) Liebe und Weihnachten.

Den Anfang machte Regina aus dem Nachbarhaus mit einem liebevollen Nachgesang auf ihre Katze "Meine Sandy". Daran an schloss sich ein Text über die Schwierigkeit, einen Brief auf den Weg zu bringen und die nicht ganz einfache Kommunikation zwischen Herrn Lehmann und einem Postbediensteten.

Regina vom Tintenschiff las von "Weihnachten in der Hafenbar": Ein Obdachloser auf der Suche nach Unterkunft und Wärme. In einer Kneipe findet er mehr, als er gesucht hat.

Mann, wenn das so weitergeht, kann ich meine Klamotten bald auswringen. Die Kälte kriecht einem bis in die Knochen. – Ach komm, Alter, jetzt reiß dich mal 'n bisschen zusammen. Um diese Zeit haben schon ganz andere nach Obdach gesucht. Befindeste dich eigentlich in guter Gesellschaft. Aber die haben damals wenigstens 'nen Stall gefunden. Find mal hier in dieser beknackten Stadt 'nen Stall.


Weiter ging es mit dem Verlust von Liebe, einsamen Weihnachten und einem penetrant klingelnden Telefon. Anna trug ihren Text "Weihnachtsgedanken" vor, der so gar nicht weihnachtlich war.

Ich glotze auf das Telefon. Mittlerweile ist es nicht mehr grün, sondern schon im gräulichen Einerlei der Dämmerung versunken. Es ist still um mich. Die Menschen hocken neben Tannenbäumen und spielen Friedlichkeit. Ich nicht. Ich bin nicht friedlich. Mit einer einer Sicherheitsnadel spieße ich deinen Namen auf, halte ihn mir ganz dicht vor die Augen. Drehe und wende ihn. Serge. egreS. Spielt keine Rolle.


Marcel präsentierte uns seinen Text: „In Möglichkeitsfluten“. Der folgende Ausschnitt erklärt vielleicht mehr als einige erklärende Worte.

Ein Ingenieur, in den späten fünfziger Jahren mit Sonnenenergie beschäftigt,

konnte seine darüber entwickelten Patente mit großem Gewinn verkaufen. Die

schnell wachsende Solarindustrie, hatte jeglichen Bedarf grundsätzlich neuen

Ideengutes. Beraterverträge binden in den folgenden Jahren in verschiedene

Projektstudien der Solarthermik und Photovoltaiktechnik ein. Lassen dem

Junggesellen aber noch genügend Zeit, sich auch anderem zu widmen.

So erstellt er in seinem Rechner eine Reihe elektronischer Ordner mit im

Alltag begegneter Menschen. Ob in Cafes, auf Parkbänken, zugigen Bahnhöfen,

in Zugabteilen überall spricht er sein jeweiliges Gegenüber an. Doch halt!

Sozietär nicht alle.



Vor und nach der Pause gab es lyrische Prosa. Serkan trug seine Texte "Schnee bedeckt mein kleines Herz" und "Zwischen Traum und Wirklichkeit" vor.

Schnee bedeckt mein kleines Herz.

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Schnee

bedeckt mein

kleines Herz,

höre ich doch schon

seit langem

das Pochen meines eigenen Herzens nicht,

spüre ich

in mir keine Wärme und

trag´ kein Licht,

ist doch alles

im Dunkeln versteckt,

regiert von Trauer und tiefen Schmerz,

sehe nichts:

kein Gras, keine Biene, kein Fluss.

denke,

nur Abschiednehmen ist die Pflicht,

die mir noch bleibt und

Ein Muss.

alles

ist begraben,

und wächst nichts mehr,

in und aus oder auf meinem Herzen,

das ganze viele Leben, mein Lachen und mein Sein,

denn

weder auf spitzem Fels

noch auf grauem Stein,

mag das Leben und die Liebe

sich niederlassen und ihre Schönheit und

Magie entfalten,

sind

diese wahrlich der Liebe kein warmer Boden

und des Lebens kein guter Freund,

ich

kann nur eines tun,

in diesen kalten dunkelen Tagen,

und das heißt: Beharrlich Warten...


..auf den Frühling und den ersten Sonnenschein!



In "Robins Wahrhaftigkeit" von Regina aus dem Nachbarhaus ging es um die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens und die Erkenntnis, dass Coolsein nicht alles bzw. eigentlich gar nicht nötig ist.

Dass Gegensätze sich anziehen, ist hinreichend bekannt, aber taugen sie auch fürs wirklichen Leben? "Feuer und Eis", eine Liebesgeschichte von Maike, ließ keinen Zweifel daran. Frau muss nur wollen ...

Es war von Anfang an ein Problem.

Maria liebte den Sommer. Dreißig Grad waren für sie der Beginn der

Glückseligkeit und je heißer es wurde, desto mehr lebte sie auf.

Verena liebte den Winter. Besonders wenn es knackig kalt war, meterweise

schneite, und die Seen sich dicke Eisschichten zulegten.

Der Beginn ihrer Beziehung beruhte auf einem Missverständnis.


Was passiert, wenn Barbra Streisand und Nick Nolte sich in das Liebesleben eines Paares einmischen? In "Szenen einer Liebe" von Ralf zeigte sich einmal mehr, dass Männer und Frauen nicht die gleiche Sprache sprechen.

„Dir fallen gleich die Nüsse zu Boden! Du starrst sie an, als hättest du noch nie eine Frau gesehen.“

„War schön mit dir!“ lächelte er.

„So? Aber die da würdest du nicht vom Sofa schubsen, würdest mich also betrügen!“

„Natürlich nicht wirklich“, meinte Tobias. „Komm, setz dich zu mir!“

„Wie? Du hast doch gerade gesagt“, erinnerte sie sich. „Oder sollte ich mich verhört haben?“


Zum Abschluss wurde es noch einmal richtig weihnachtlich. Regina vom Tintenschiff und Dennis lasen Texte zum Thema Weihnachtsgeschenke und entließen das Publikum mit einigen Tipps für ein gelungenes Fest.

Eines der beliebtesten Familienspiele in der Weihnachtszeit ist »Dieses Jahr schenken wir uns aber wirklich nichts«. Letztes Jahr hat es zwar nicht geklappt und das Jahr davor auch nicht, aber dieses Jahr ganz bestimmt. Sie freuen sich, sehen dem Fest gelassen und entspannt entgegen, bedauern Ihre Freunde, die über Hektik, Einkaufsstress und Geschenksorgen klagen. Und dann erfahren Sie zwei Tage vor Heiligabend so ganz nebenbei, dass es doch ein Geschenk für Sie geben wird.