Hannah K. Wolter

JULIUS

Ich hatte nicht erwartet, ihn so bald zu treffen.

Doch auf einer Einweihungsfeier sitzt er neben mir. Er nennt mir seinen Namen.

Mir gefällt es, wie er spricht. Seinen Wein trinkt. Wie er mich anlacht.

Er hat viel Zeit für mich. Er schenkt mir seine Gedanken.

Doch irgendwann muss ich gehen. Wir tauschen keine Nummern.

Ein Donnerstag. Ich will kein Bier mehr. Der Mann drückt es mir trotzdem in die Hand.

-Das Letzte.

Sicher. Für im Augenblick.

Wir reden. Erzählen uns Geschichten, die uns gegenseitig nicht interessieren. Aber darum geht es nicht. Endlich haben wir genug getrunken. Wir können aufhören, zu erzählen.

Der Mann darf mich fragen, wie ich nach Hause komme, ob ich noch ein letztes Glas bei ihm trinken möchte; ob, ob, ob. Die Antworten sind einfach; ich habe zuviel Übung.

Mit der ersten oder zweiten Bahn verlasse ich den Mann. Die Leute riechen nach Duschzeug, Parfum, Rasierwasser. Sie sind müde. Ich bin es auch. Aber ich stinke. Nach Rauch, Nacht. Verlebt. Ich bin eine Übriggebliebene. Mit klumpigen Wimpern, fettigen Haaren, dreckigen Fingernägeln.

Es wird hässlich. Immer. Irgendwann. Oft schon vor dem letzten Bier.

Bevor ich schlafen gehe, dusche ich. Wasche mir die schmutzigen Nachtstunden ab. Dann duften die Träume besser.

Wenige Wochen später begegne ich ihm erneut auf einer Party. Er sieht sogar gut aus.

Wir tragen die gleichen Farben. Seinem linken Schneidezahn fehlt eine Ecke.

Auf dem Unterarm hat er eine feine Narbe. Sie ist sehr hell. Wenn seine Haut nicht so gebräunt wäre, müsste man seinen Arm sehr gut kennen, um sie zu finden. Sie ist von einer Muschel, sagt er. Er riecht nach Zimt.

Manchmal berührt seine Hand meine, wenn er damit spricht. Es gefällt mir.

Diesmal geht er vor mir.

Ein Raucher spricht mich an und fragt, ob ich mich in der Gegend auskenne.

Es ist Samstag, und ich bin durstig vom Kaufen.

-Ein wenig, sage ich.

Er sucht ein bestimmtes Café. Ich biete ihm an, ihn hinzubringen. Dafür lädt er mich zu Rumpunsch ein.

Der Kellner freut sich, ihn zu sehen. Der Raucher ist Stammgast.

Ich sage meiner Freundin ab. Sie hat Verständnis.

Später beschließt der Raucher, gemeinsam tanzen zu gehen. Und dann zu ihm. Als ich gehe, fragt er nach meinem Namen. Ich sage irgendeinen.

Zuhause riecht es sauber. Ich stehe auf, als es dunkel wird.

Er fehlt auf der Party.

Meine Bekannte hat seine Nummer. Erst eine Weile später rufe ich ihn an.

Wir verabreden uns. Trinken Cocktails. Irgendwann will er mich küssen.

Ich wende meinen Kopf ab.

-Nicht. Wir sind betrunken. Es wäre schade.

Also gehen wir allein nach Hause.

Ich ziehe um. Jetzt wohnen wir im gleichen Bezirk.

Anstatt ihn anzurufen, warte ich darauf, ihn zufällig beim Einkaufen zu treffen.

Erst Silvester begegne ich ihm erneut.

Er trägt seine Haare jetzt länger. Ich stelle fest, dass er Locken hat. Sein Lächeln hatte ich vergessen. Erst nach Mitternacht hat er Zeit für mich. Er wünscht mir alles Gute.

Wir stehen auf dem Balkon. Es ist neblig. Ich wünsche mir auch alles Gute. Laut wünsche ich es ihm.

-Darf ich dir einen Kuss geben?

Er fragt es zu sicher. Ich halte ihm die Wange hin.

Er lacht seufzend.

Ein vergessener Liebhaber meldet sich. Wir sehen uns wieder öfter. Es ist eine Beschäftigung. Und er kann gut küssen. Doch irgendwann ist es zu wenig.

Zu wenig Julius.

Meine Bekannte nimmt mich zu einer Geburtstagsfeier mit. Es ist seine.

Ich habe Schnupfen. Er ist überrascht, mich zu sehen. Sein Lächeln leicht schief.

Ich hole mir etwas zu trinken. Er redet mit einem hübschen Mädchen.

Ich gehe früh, weil ich mich erkältet fühle. Schwindlig.

Meine Freundin darf meine Haare schneiden und färben. Langsam gewöhne ich mich um.

Im Frühling beginne ich wieder auf Kontaktanzeigen zu antworten.

Vielleicht dieses Mal.


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Maike Stein

EROTIK oder: MANCHMAL GEHT ES EBEN NICHT...



Da muss ich wohl

mein Scheitern

eingesteh‘n –


da gibt es nichts

zu wenden

nichts zu dreh’n


Erotik -

die hat mich geschafft

ich bin wohl völlig abgeschlafft,

dahingerafft...


Es soll, es muss!

Bilder im Gedankenfluss

- Doch auf’s Papier gebannt

ist’s Missklang bloß

- Hab mich wohl daran verbrannt.


Vielleicht gelingt’s beim nächsten Mal

Vielleicht ganz ohne Qual

- doch das ist Illusion.

Es bleibt- Irritation.



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Ralf Pfennig

KURZER TEXT FÜR INTIME KENNER DES AUTORS

Den ganzen Tag habe ich daran gedacht, habe diesen Augenblick sehnsüchtig erwartet. Endlich. Ja. Ich atme tief ein, meine Knie werden weich. Schon wenn ich diesen, wie soll ich sagen, Zauberstab anfasse, befühle, seine Härte spüre, sein Sanftheit. Ohhh. Dazu diese Rundungen, diese dicke Spitze. Langsam führe ich ihn heran. Er berührt erst einmal das äußere. Ja, ha, es kitzelt ein wenig, mir wird so wohl im ganzen Körper. Nun, ja, nun ganz vorsichtig dringt er ein, dringe ich ein. Spannung vom Kopf bis zu den Füßen. Ich will dagegen halten, halte dazu den Atem an. Oh, huh, mir ist schwindlig, ich muss atmen. Ha! Diese leichten Bewegungen, rein und raus, ja, dieses Spiel, oh, diese kleinen Drehungen, das sanfte gleiten. Hah, ich schmelze dahin, lass mich ganz fallen. Das tut gut. Ich möchte gar nicht aufhören, immer weiter machen, immer wieder kräftige Bewegungen bis der Stab sich biegt und windet. Ja, ja, so ist es gut, nur nicht zu tief, nein, nein. Es darf nur ein leichter, ein erregender Schmerz sein. Uh, ja! Das war großartig. Ich freue mich schon auf das andere Ohr, den nächsten Ohrgasmus!

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